Stell dir vor, jeder deiner Auszubildenden hätte einen persönlichen Tutor, der rund um die Uhr verfügbar ist – einen digitalen Begleiter, der ihre Stärken und Schwächen kennt, in ihrem Lerntempo erklärt und bei Problemen sofort zur Stelle ist. Was wie Science-Fiction klingt, ist heute bereits Realität: Mit KI-Projekten in modernen Sprachmodellen wie ChatGPT, Mistral LeChat oder DeutschlandGPT kannst du deinen Azubis eine völlig neue Form der Lernunterstützung bieten.
Als Ausbilder:in oder Berufsschullehrer:in weißt du, wie unterschiedlich deine Lernenden sind: Der eine braucht viele Wiederholungen, die andere lernt am besten durch praktische Beispiele, und wieder andere benötigen eine strukturierte Schritt-für-Schritt-Anleitung. Individualisierte Förderung ist das Ideal – aber bei 15 oder mehr Azubis oft schwer umsetzbar.
In diesem Artikel zeige ich dir, wie KI-Projekte diese Herausforderung lösen und deinen Auszubildenden maßgeschneiderte Lernunterstützung bieten können, die sich kontinuierlich an ihre Bedürfnisse anpasst.
Was sind KI-Projekte und warum unterstützen sie die Ausbildung?
Die Grundidee: Vom Tool zum Lernbegleiter
Die Idee der Lernkontext-Dateien stammt von Nele Hirsch vom eBildungslabor, einer renommierten Bildungswissenschaftlerin. In ihrem Blogartikel "Lernkontext-Dateien bei der Nutzung von KI-Sprachmodellen" beschreibt sie, wie wichtig es ist, KI-Tools nicht nur als Werkzeug, sondern als echte Lernbegleiter einzusetzen.
Ein KI-Projekt funktioniert wie ein persistenter Gesprächskontext: Deine Azubis erstellen einmalig eine Art "Lern-Steckbrief", und die KI kann in allen nachfolgenden Gesprächen darauf zugreifen. Das Ergebnis? Personalisierte Unterstützung, die genau zu ihrem Kenntnisstand, ihrem Lerntyp und ihren Zielen passt.
Der Unterschied zu normalen KI-Chats
Ohne Lernkontext passiert das:
- Die KI weiß nicht, in welchem Ausbildungsjahr der Azubi ist
- Erklärungen sind zu simpel oder zu komplex
- Fachbegriffe werden nicht im Ausbildungskontext erklärt
- Jeder Chat beginnt bei null
Mit KI-Projekt bekommt dein Azubi:
- Antworten auf seinem Ausbildungsniveau
- Erklärungen in seinem bevorzugten Lernstil
- Aufbau auf bereits gelernten Inhalten
- Kontinuierliche Begleitung durch die gesamte Ausbildung
Der Azubi kann seine Mitschrift oder digitale Ausbildungsunterlagen in die Projektdateien laden, um mit den bekannten Materialen zu lernen.
Konkrete Anwendungsszenarien in der Ausbildung
Szenario 1: Der unsichere Azubi im ersten Ausbildungsjahr
Situation: Lisa, Industriekauffrau-Azubi, 1. Ausbildungsjahr, ist oft unsicher und traut sich nicht, Fragen zu stellen.
KI-Projekt Setup:
Projekt: "Mein Start als Industriekauffrau"
- Ausbildungsstand: 1. Lehrjahr, 3. Monat
- Vorwissen: Realschulabschluss, keine Berufserfahrung
- Lernziel: Grundlagen der Betriebswirtschaft verstehen
- Besonderheit: Bin oft unsicher, brauche ermutigende Erklärungen
- Lernstil: Schritt-für-Schritt mit vielen Beispielen
Ergebnis: Lisa kann jederzeit ihre Fragen stellen, ohne sich zu schämen. Die KI erklärt geduldig und auf ihrem Niveau, gibt ermutigende Rückmeldungen und baut ihr Selbstvertrauen auf.
Szenario 2: Der leistungsstarke Azubi vor der Abschlussprüfung
Situation: Marco, Mechatroniker-Azubi, 3. Ausbildungsjahr, sehr leistungsstark, will sich optimal auf die Abschlussprüfung vorbereiten.
KI-Projekt Setup:
Projekt: "Abschlussprüfung Mechatroniker Teil 2"
- Ausbildungsstand: 3. Ausbildungsjahr, 8 Wochen vor Prüfung
- Stärken: Elektrotechnik, praktische Arbeiten
- Schwächen: Pneumatik, Prüfungsangst
- Ziel: Note "gut" oder besser in der Abschlussprüfung
- Lernstil: Herausfordernde Aufgaben, schnelles Tempo
Ergebnis: Marco erhält anspruchsvolle Übungsaufgaben, gezielte Unterstützung in seinen Schwachstellen und Strategien gegen Prüfungsangst.
Szenario 3: Der Azubi mit Lernschwierigkeiten
Situation: Kevin, Fachlagerist-Azubi, 2. Ausbildungsjahr, hat Schwierigkeiten mit theoretischen Inhalten und Mathematik.
KI-Projekt Setup:
Projekt: "Fachlagerist - Theorie verstehen"
- Ausbildungsstand: 2. Ausbildungsjahr
- Herausforderung: Mathe war schon in der Schule schwierig
- Stärken: Praktische Arbeiten, räumliches Denken
- Lernziel: Lagerkennzahlen berechnen können
- Lernstil: Alles an praktischen Beispielen erklären
Ergebnis: Kevin bekommt mathematische Konzepte anhand von Lagerbeispielen erklärt, die er aus der Praxis kennt. Komplexe Formeln werden in kleine, verständliche Schritte zerlegt.
Schritt-für-Schritt: So implementierst du KI-Projekte in deiner Ausbildung
Phase 1: Vorbereitung und Einführung
1. Datenschutz klären
- Informiere dich über die Datenschutzrichtlinien deines Betriebs
- Kläre, welche KI-Systeme verwendet werden dürfen
- Erstelle klare Nutzungsregeln für die Azubis
2. Azubis sensibilisieren
- Erkläre die Möglichkeiten und Grenzen von KI
- Betone, dass die KI nicht das eigenständige Denken ersetzt
- Zeige den Mehrwert für ihre persönliche Entwicklung auf
3. Gemeinsam entdecken
- Erstelle das erste KI-Projekt zusammen mit den Azubis
- Lass sie ihre eigenen Lernkontexte definieren
- Ermutige zum Experimentieren
Phase 2: Individuelle Lernkontexte erstellen
Das Lernkontext-Template für Azubis:
Die ersten Lernkontextbeispiele sind dann wahrscheinlich so, wie in den oben genannten Beispielen. Besser wird es, wenn du gemeinsam mit den Azubis reflektiert an die Erstellung mit einem Template rangehst. Das kann so schön strukturiert aussehen (hier im Markdown-Syntax):
# Mein persönlicher Lernbegleiter
Du bist mein persönlicher Lernbegleiter und hilfst mir, optimal in meiner Berufsausbildung zu lernen.
## 🎓 Meine Ausbildung
**Beruf:** [z.B. Industriekauffrau, Mechatroniker, Fachinformatiker]
**Ausbildungsjahr:** [1., 2. oder 3. Lehrjahr]
**Ausbildungsmonat:** [z.B. 8. Monat im 2. Lehrjahr]
**Betrieb:** [z.B. Maschinenbau, 200 Mitarbeiter, Abteilung Einkauf]
## 🎯 Meine aktuellen Lernziele
**Was möchte ich als nächstes lernen?**
[z.B. Excel-Pivot-Tabellen für Auswertungen, SPS-Programmierung Grundlagen]
**Bis wann?**
[z.B. Bis zur nächsten Berufsschulklausur, für das anstehende Projekt]
**Woran erkenne ich, dass ich es kann?**
[z.B. Kann selbstständig Monatsberichte erstellen, programmiere einfache Steuerungen]
## 📚 Was ich schon kann
**Das habe ich bereits gelernt:**
[z.B. Excel-Grundlagen, Grundlagen der Elektrotechnik, Büroorganisation]
**Damit hatte ich schon mal Probleme:**
[z.B. Mathematik, komplexe Zusammenhänge, Prüfungsangst]
**Daran kann ich gut anknüpfen:**
[z.B. Meine praktischen Erfahrungen, ähnliche Aufgaben in der Schule]
## 🧠 Wie ich am besten lerne
**Mein Lerntyp:**
- [ ] Schritt-für-Schritt Anleitungen
- [ ] Erst Überblick, dann Details
- [ ] Learning by Doing / Praktische Übungen
- [ ] Mit vielen Beispielen aus der Praxis
- [ ] Durch Bilder und Grafiken
- [ ] In meinem eigenen Tempo
**So erkläre mir schwierige Sachen:**
[z.B. Mit Beispielen aus meinem Betrieb, wie für einen Freund, mit einfachen Worten]
## 💬 So möchte ich Feedback
**Wenn ich einen Fehler mache:**
[z.B. Erkläre mir, warum es falsch ist, sei geduldig, ermutige mich]
**Das hilft mir besonders:**
[z.B. Checklisten, Übungsaufgaben, Eselsbrücken, Zusammenfassungen]
## ⏰ Meine Lernzeit
**Wann lerne ich meist?**
[z.B. Abends nach der Arbeit, am Wochenende, in der Berufsschule]
**Wie viel Zeit habe ich?**
[z.B. 30 Min täglich, 2 Stunden am Samstag]
## 🎯 Besondere Situationen
**Darauf bereite ich mich vor:**
[z.B. Zwischenprüfung in 6 Wochen, erstes eigenes Projekt, Abschlussprüfung]
**Das ist mir besonders wichtig:**
[z.B. Gute Noten, praktische Anwendung, Selbstvertrauen aufbauen]
Phase 3: Begleitung und Optimierung
Regelmäßige Reflexion:
- Wöchentliche Gespräche: "Wie hilft dir dein KI-Begleiter?"
- Anpassungen vornehmen: Lernziele, Lernstil, Schwerpunkte
- Gib den Azubis (zusätzliches) Material für die Kontextdateien
- Erfolge feiern: Was hat besonders gut funktioniert?
- Unterstütze bei der Erstellung vom Lernkontext gezielt bei der Lernzielfomulierung (handlungsorientiert, Taxonomiestufen von Bloom beachten)
Qualitätskontrolle:
- Überprüfe KI-generierte Inhalte stichprobenartig
- Achte auf fachliche Korrektheit
- Korrigiere Missverständnisse sofort
Praktische Tipps für verschiedene Ausbildungssituationen
Für schwächere Azubis
- Selbstvertrauen stärken: KI als geduldiger, nicht-wertender Gesprächspartner
- Kleine Schritte: Lernziele bewusst niedrig ansetzen
- Erfolgserlebnisse schaffen: Regelmäßige positive Bestärkung
- Angst nehmen: "Du kannst so oft fragen, wie du willst"
Für leistungsstarke Azubis
- Herausforderungen bieten: Komplexere Aufgaben und Projekte
- Selbstständigkeit fördern: KI als Sparringspartner für eigene Ideen
- Vernetzung schaffen: Zusammenhänge zwischen verschiedenen Bereichen
- Zukunft planen: Weiterbildungsmöglichkeiten erkunden
Für Azubis vor Prüfungen
- Strukturierte Vorbereitung: Lernpläne erstellen und überwachen
- Schwächen identifizieren: Gezielte Übungen für Problemfelder
- Prüfungsangst reduzieren: Entspannungstechniken und Strategien
- Simulation: Prüfungssituationen nachstellen
Die Zukunft: Von Projekten zu KI-Agenten
CustomGPTs für die Ausbildung
Die nächste Entwicklungsstufe sind CustomGPTs oder KI-Agenten – spezialisierte KI-Systeme für bestimmte Ausbildungsberufe:
"Der Industriekaufmann-Coach"
- Kennt alle relevanten Prüfungsordnungen
- Spezialisiert auf betriebswirtschaftliche Zusammenhänge
- Erstellt individuelle Lernpläne
- Simuliert Prüfungssituationen
"Die Mechatronik-Tutorin"
- Erklärt komplexe technische Zusammenhänge
- Visualisiert Schaltpläne und Funktionen
- Hilft bei der Fehlersuche
- Bereitet auf praktische Prüfungen vor
Aber Achtung: Die die Lernkontext Dateien und damit das Verhalten des Agenten bestimmst du und so etwas ist nur für einen spezifischen Zweck gebaut. Der Vorteil, dass die Auszubildenden hier reflektiert Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess übernehmen fällt weg. Ich meine hiermit beispielsweise den Lernkontext, der im Verlauf der Zeit durch den Azubi angepasst und weiterentwickeln werden kann oder zugehörige Kontext-Dateien die flexibel gehandhabt werden können.
Warum das für Azubis besonders wertvoll ist
Auszubildende sind Digital Natives – sie erwarten intuitiv nutzbare, personalisierte Technologie. Ein gut konfigurierter KI-Agent kann:
- Lernlücken frühzeitig erkennen und schließen
- Motivations-Coaching in schwierigen Phasen bieten
- 24/7 verfügbar sein, auch außerhalb der Arbeitszeiten
- Verschiedene Lerntypen optimal bedienen
- Gamification-Elemente für mehr Spaß am Lernen integrieren
Praktische Tipps zur Anwendung
Do's für Ausbilder:innen
- Gemeinsam starten: Erstelle das erste Projekt zusammen mit den Azubis
- Individuelle Betreuung: Jeder Azubi braucht seinen eigenen Lernkontext
- Regelmäßig nachfragen: "Hilft dir dein KI-Begleiter wirklich?"
- Erfolge dokumentieren: Sammle positive Beispiele für andere
- Grenzen aufzeigen: KI ergänzt, ersetzt aber nicht die menschliche Betreuung
Don'ts vermeiden
❌ Nicht so | ✅ Besser so |
---|---|
Alle Azubis bekommen das gleiche (vorausgefüllte) Template | Jeder erstellt seinen individuellen Lernkontext |
Einmal einrichten, dann vergessen | Regelmäßige Updates und Anpassungen, gemeinsame Reflexion |
KI-Antworten ungeprüft übernehmen | Stichprobenartige Qualitätskontrolle, Azubis zur Qualitätskontrolle anhalten |
Azubis allein lassen | Begleitung und Unterstützung anbieten |
Datenschutz und Urheberrecht ignorieren | Klare Regeln und sichere Plattformen nutzen |
Herausforderungen meistern
"Mein Azubi nutzt die KI nicht"
- Nachfragen: Was hindert ihn?
- Vorteile erneut erklären
- Gemeinsam ein erstes Gespräch führen
- Peer-Learning: Andere Azubis berichten lassen
"Die KI gibt falsche Antworten"
- Lernkontext präzisieren, passende Dateien bereitstellen
- Fachliche Korrektheit regelmäßig prüfen
- Azubis sensibilisieren: "Immer kritisch hinterfragen"
"Das ist zu aufwendig"
- Klein anfangen: Ein Pilot-Azubi
- Template vorbereiten und anpassen lassen
- Erfolge sichtbar machen
- Schrittweise ausweiten
Fazit
KI-Projekte bieten eine einzigartige Chance, jedem deiner Auszubildenden individualisierte Lernunterstützung zu geben, die sich kontinuierlich an ihre Bedürfnisse anpasst. Du als Ausbilder:in wirst nicht ersetzt, sondern erhältst ein mächtiges Werkzeug, um deine pädagogische Arbeit zu verstärken und zu individualisieren. Du kannst auch selbst mal versuchen, für dich einen Lernkontext zu bauen.
Die Technologie ist verfügbar, die Methoden sind erprobt – jetzt liegt es an uns, diese Möglichkeiten verantwortungsvoll und zielgerichtet einzusetzen. Deine Azubis werden von der personalisierten Unterstützung begeistert sein, und du wirst erleben, wie sich ihre Lernmotivation und -erfolge deutlich verbessern.
Der beste Zeitpunkt anzufangen ist jetzt. Beginne mit einem Azubi, einem konkreten Lernziel und erlebe selbst, welche Möglichkeiten sich eröffnen. Die Zukunft der Ausbildung ist relativ einfach mit den verfügbaren Chatbots zu personalisiert – und sie beginnt mit deinem ersten KI-Projekt.
Transparenzhinweis
Dieser Artikel wurde mit Unterstützung generativer KI (Claude 4 Sonnet) erstellt. Die Inhalte basieren auf dem Beiträgen von Nele Hirsch und der Adaptierung für Projekte von Ulrich Ivens. Vorgegebenen Ideen und wurden durch KI-gestützte Strukturierung und Ergänzung um ausbildungspädagogische Aspekte und Praxisbeispiele erweitert. Die abschließende redaktionelle Bearbeitung und fachliche Einordnung und validierung erfolgte durch den Autor.
Das Bild wurde mit DALLE3 mit dem Prompt "Erstelle ein Titelbild zu diesem Blogeintrag: [Text des Artikels]" erstellt.
Lizenzhinweis
Lernkontext in KI-Projekten - Personalisiertes Lernen für Azubis von Ulrich Ivens ist lizenziert unter einer CC BY-SA 4.0 International Lizenz.
Hast du schon KI-Projekte mit deinen Azubis ausprobiert? Teile deine Erfahrungen in den Kommentaren oder kontaktiere mich für einen Erfahrungsaustausch über innovative Ausbildungsmethoden!
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