Aufgaben von Ausbildungspersonal – Teil 3

Das ist Teil drei und damit der letzte Teil der Kurzserie zu den Aufgaben von Ausbildungspersonal. Diese Serie entstand als Antwort aus der Praxis zu einem Artikel von Grollmann P. und Ulmer P. (2019) zu Aufgaben und Qualifikationen von betrieblichem Bildungspersonal. Teil eins findet sich unter https://www.ulrichivens.de/index.php/2020/09/04/aufgaben-von-ausbildungspersonal-teil-1/, Teil zwei unter https://www.ulrichivens.de/index.php/2020/09/11/aufgaben-von-ausbildungspersonal-teil-2/

Ergänzend zur pädagogische Komponente (Teil 1) und den Planungsaspekten (Teil2) dreht es sich in diesem Artikel um die Überwachung des Ausbildungsablaufes und um vielfältige kommunikative Aufgaben, sowie die (zukünftige) Anforderung Upskilling.

Der Ausbildungsablauf

Hier sind vielfältige Aufgaben inhärenter Bestandteil der Ausbilderaufgaben. Diese betreffen auf der einen Seite natürlich alles was mit Kontrolle der Lernergebnisse zu tun hat, auf der anderen Seite aber zunehmend auch die Dokumentation von vielen Dingen und die gezielte Rückmeldung an Azubis:

Überwachung des Ausbildungserfolgs und des Ausbildungsablaufes

  • Erstellen und Durchführen von Lernzielkontrollen.
  • Dokumentation der Lernerfolge und Erstellen von day-to-day Feedback bzw. strukturiertem Feedback (Beurteilungssystem), ggf. unter Einbezug der Eltern bei Minderjährigen.
  • Führen von Ausbildungsordnern zur Kontrolle der Durchführung aller Ausbildungsinhalte und dem erfolgreichen abschließen der Ausbildung.
  • Ergreifen von geeigneten, individuellen Maßnahmen zum Gegensteuern bei nicht optimalen Lernerfolgen.
  • Anleitung der Auszubildenden zum Führen des betrieblichen Ausbildungsplanes und fortlaufende Eintragung der durchgeführten Ausbildungsinhalte.
  • Überwachung der Ausbildungsnachweise in digitaler Form (wenn vertraglich mit dem Lernenden vereinbart) und des geführten Ausbildungsplanes (sofern Verantwortlicher Ausbilder i.S.d. BBiG).
  • Regelmäßige Überwachung der Gleitzeit- und Resturlaubssalden der Auszubildenden und ergreifen von geeigneten Gegenmaßnahmen (z.B. Abbauvereinbarung, Aufbaumöglichkeiten, etc.) inkl. Dokumentation bei Auffälligkeiten (sofern verantwortlicher Ausbilder i.S.d. BBiG).

Man sieht, dass die Überwachung des Ausbildungserfolges mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen sichergestellt werden soll. Auf zwei Punkte gehe ich nochmal besonders ein:

  1. Das strukturierte und das day-to-day Feedback ist stärker gewichtet, als das formale Nachhalten der einzelnen Lernziele. Einige der formalen Dinge kommen aus den Anforderungen unseres Qualitätsmanagementystems, andere aus der guten, gelebten Praxis. Insbesondere die Freiheit, durch unser Gleitzeitsystem (ohne Kernzeit) setzt bei einigen Auszubildenden auch eine etwas stärkere Kontrolle voraus. Die Jugendlichen lernen ja in der Ausbildung auch, verantwortungsvoll mit den Freiheiten umzugehen, die sie im System Betrieb haben. Das ist nicht immer für alle einfach und ist im Prinzip eine Erziehungsaufgabe.
  2. Der betriebliche Ausbildungsplan hat ebenfalls eine zentrale Rolle, denn anhand dessen kann man – viel einfacher als beim Berichtsheft – nachhalten, welche Inhalte bereits vermittelt sind und wo die Azubis nochmal eine Lernschleife drehen müssen. Unsere Pläne sind daher mit entsprechenden Dokumentationsfeldern versehen. In Bezug auf die individuellen Lehr-Lern-Settings in zentralen Ausbildungsabschnitten oder in der Institutsausbildung ist das wichtig, aber auch wenn man feststellt, dass Fehlzeiten aufgetreten sind und (ggf. wichtige) Dinge nicht vermittelt wurden.

Stakeholder und Außendarstellung im Ausbildungssystem

Weitere kommunikative Aspekte betreffen praktisch alle Stakeholder am dualen Ausbildungssystem. Dies betrifft interne Stakholer genauso wie Stakeholder im Umfeld des Betriebs:

Kontaktpflege, Beratungs- und Betreuungsaufgaben und Außendarstellung

  • mit Ausbildungsberatern der Zuständigen Stelle i.S.d. BBiG
  • mit Lehrern der Berufskollegs und von Kooperationsschulen
  • mit Prüfungsausschüssen, in denen die Ausbilder berufen sind
  • mit Hochschulansprechpartner beim Dualen Studium
  • Beratung, Betreuung und Weiterbildung von Ausbildungsbeauftragten im Kontext des eigenen Berufsbildes (z.B. Betreuung und kollegiale Beratung vor Ort, Ausbildergesprächskreise) und bei allgemeinen, die Berufsausbildung betreffenden Themen (z.B. Schulungen zum Beurteilungssystem, Ausbildertrainingsreihe, Betreuerversammlung, in- und ausländischen Gästen und Delegationen).
  • Teilnahme und Planung/ Durchführung von betriebsinternen Veranstaltungen mit Ausbildungsbezug (z.B. EVA (Einführungsveranstaltung), Berufsinfotag (Tag der offenen Ausbildung), Tag der Neugier).
  • Teilnahme an Messen und sonstigen Formaten mit dem Ziel, die eigenen Ausbildungsplätze zu vermarkten und/oder zu informieren (z.B. Ausbildungsmessen, Schulveranstaltungen, Berufsfelderkundungen, Praktika im Rahmen von Arbeitsmarktprojekten oder Landes/Bundesprogrammen z.B. KAoA oder BOP).

Eine gute und abgestimmte Kommunikation zwischen der Ausbildungsleitung und den Ausbildern ist bei der Vielfalt an internen und externen Kontakten unerlässlich. Es handelt sich bei vielen dieser Aspekte um Themen des Ausbildungsmarketings, d.h. neben der Kommunikation ist auch eine konkrete Hilfestellung für die Ausbilder und ein möglichst guter strategischer Bezug auf das Personalmarketing oder eine Unternehmensmarke notwendig.

Grade die internen Aspekte nenne ich auch gerne "Ausbildungsmarkting nach innen". Das ist mittlerweile ganz zentral, um Ausbildungsbeauftragte und dereren Vorgesetzten zu gewinnen und das "Produkt" Facharbeiter aus der Eigenausbildung in den Köpfen zu halten bzw. zu bringen. Auch das wäre einen eigenen Artikel wert.

Eigene Weiterbildung – Strukturiert und selbstgesteuert

Wer hat schon in seiner Tätigkeitsdarstellung stehen, dass die eigene Weiterbildung eine Aufgabe ist? Ich behaupte mal nicht viele Arbeitnehmer. Unsere Ausbilder haben dies als Inhalt vorgegeben und zwar aus gutem Grund.

Steuerung der eigenen Weiterbildung
Teilnahme an formalen und non-formalen Weiterbildungen und Anpassungsausbildungen (z.B. fachlich, pädagogisch, psychologisch, Besuch von Messen, Hospitationen, Exkursionen) nach individueller Planung und Genehmigung im Fachbereich (Bestandteil der Orientierungsgespräche und der jährlichen Weiterbildungsplanung), um dem aktuellen Stand der Technik und zukünftige Strömungen im Ausbildungskontext kompetent abbilden zu können.

Hier sind zwei Dimensionen genannt. Die erste Dimension ist die unterteilung in Weiterbildungen und Anpassungsausbildungen. One-step-ahead ist in vielen Fällen nicht gut genug, wenn es um langfristigen Wandel geht. Mit unseren Kenntnissen und den strategischen Ideen und Zielen des Unternehmens macht eine Vermittlung von zukünftig benötigten Skills erst richtig Sinn. Bei den vielfältigen Aufgaben liegt es zudem auf der Hand, dass man sich nicht nur fachlich weiterbilden kann, sondern an vielen Stellen auch mal eine Anpassung braucht. Die zweite Dimension ist die der formalen und non-formalen Bildungssettings. Bildung findet nicht nur in Kursen statt, sondern auch auf Tagungen, auf Messen, bei Hospitationen, bei Exkursionen, bei Mikrofortbildungen, beim kollegialen Austausch, in Projekten, … Grade diese auf Kontakt und Austausch angelegten non-formalen Formate gewinnen zunehmend an Bedeutung. Beide Dimensionen stehen von der Wertigkeit her bei uns in der Abteilung nebeneinander und nicht in Konkurrenz. Wir planen in unserer jährlichen Weiterbildungsplanung beide Dimensionen.

Erwachsenenbildung?

Ich möchte noch auf einen Teil eingehen, den ich ursprünglich in im letzten Teil der Serie aufgreifen wollte. Ich finde das allerdings als Zukunftsthema besser hier aufgehoben. Es gibt ja auch noch sonstige betrieblich notwendige Zusatzqualifikationen die an der Schnittstelle von Ausbildung und Weiterbildung sind. Oft sind die Verantwortungen für grade solche Dinge nicht vollständig klar. Diese Themen betreffen neben Zusatzqualifikationen in der Ausbildung aber beispielsweise auch den Themenbereich Upskilling von Fachkräften. Offenheit auch für die Aus- und Weiterbildung von Kolleginnen und Kollegen ist wichtig für die Dienstleistungserbringung von Ausbildern. Auch wenn dies derzeit noch wenig nachgefragt wird und sicherlich in der Industrie aufgrund der Qualifikationsstruktur von Fertigungsmitarbeitern und rasantem Wandel in Geschäftsprozessen eher ein Thema ist als in unserem Forschungsbetrieb. In der Vergangenheit gab es aber schon tolle, von Ausbildern organisierte Mikrofortbildungen für Ausbildungspersonal z.B. zum Rasperry Pi bei den Ausbildungsbeauftragten für Physiklaboranten und Elektroniker. Auch Anfragen unserer Doktorandenorganisation, die sich Werkstattpraxis in Mechanik gewünscht hatten oder sicheres Arbeiten im Chemielabor für wissenschaftliche Hilfskräfte und ausländische Wissenschaftler (der praxis- und sicherheitsbezug im Studium ist in manchen Ländern m.E. wirklich nur rudimentär vorhanden). Ich glaube hier wird in Zukunft noch deutlich mehr von den Bildungsprofis im Unternehmen verlangt werden, als es heute schon der Fall ist.

Mein Fazit

Der Artikel von Grollmann P. & Ulmer P. (2019) hat mich nochmal angeregt, mir die Aufgaben von Ausbildungspersonal aus unserer betrieblichen Perspektive anzusehen und die theoretische Überlegungen mit der betrieblichen Seite zusammenzuführen und darüber zu bloggen. Ich denke meine Überlegungen die hinter der Anpassung der Rollen stehen sind auch für andere Ausbildungs- und Personalleitungen wichtig, um die Ausbldungsqualität in Deutschland aufrecht zu erhalten.

Wenn ich mich dann um Schluss auch noch frage, ob das in allen Ausbilderköpfen angekommen, muss ich sagen jain. Es gibt immer noch Ausbilder, die primär an der Fachausbilderrolle hängen. Es ist aber mein Job (und der Job meiner Teamleiter) die Strukturen so zu schaffen, dass die Ausbilder die Möglichkeit haben sich weiter an die neuen Rollenanforderungen anzupassen. Durch Feedback, Coaching, Weiterbildung aber auch durch Vorbild, Vorleben von Flexibilität und die Begleitung von Changeprozessen. Manchmal auch durch disruptive Änderungen. Durch Corona machen wir an vielen Stellen eine zwingende Anpassung durch und ich merke, wie immer mehr der Kollegen aus der eigenen Kompfortzone ausbrechen. So können wir weitermachen. Irgendwann dann sehr gerne wieder ohne Maske und Abstand.

Ich freue mich über Rückmeldungen und Kommentare.

Literaturnachweis

Grollmann P. & Ulmer P. (2019) Betriebliches Bildungspersonal – Aufgaben und Qualifikation. In: Arnold R., Lipsmeier A., Rohs M. (eds) Handbuch Berufsbildung. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19372-0_41-1


Der Beitrag "Aufgaben von Ausbildungspersonal – Teil 3" von Ulrich Ivens steht unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.

Beitragsbild von geralt Lizenz: Pixabay Licence

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